Anja Senkpiel & Robert Schreml:
Das GarageBand Buch
Der eine oder andere wird sich jetzt sicher wundern, dass es hier eine Rezension zu einem von uns selbst geschriebenen Buch gibt. Das machen wir natürlich nicht. Kai Surendorf hat uns diese Buchbeurteilung zur Verfügung gestellt, dafür bedanken wir uns herzlich (nicht nur, weil das Ergebnis so positiv ausfällt).
Die Vorstellung von GarageBand wurde auf der letzten Keynote frenetisch gefeiert. Es war faszinierend, einem musizierenden Steven Jobs zuzuschauen und damit eine Seite des CEO kennen zu lernen, die einem bis doch eher unbekannt war. Dass er ein kreativer Kopf ist, ist unbestritten. Aber seine musikalische Seite war doch neu. Eigentlich kennt man dergleichen höchstens von Steve Ballmer, dem Chef von Microsoft, und das ja auch eher von der ungelenken Sorte. Ganz und gar nicht ungelenk hingegen wirkte das vorgestellte Programm. Kann es wirklich so einfach sein, eigene Musikstücke mit dem Mac zu kreiieren? Wirklich so simpel und noch dazu in dieser Professionalität? Erinnerungen aus dem Musikunterricht regten sich in den Tiefen des Gedächtnisses. Ganz so leicht geht es dann doch wohl nicht. Das wäre auch ein prima Thema für ein Buch. Aber eben jene Erinnerungen sorgten auch schnell dafür, dieses Thema für einen selber ad acta zu legen. Aber vielleicht sollte ich es mal meinem Lektor vorschlagen. Der zeigte sich recht begeistert von dem Programm und fragte, ob ich denn nicht eineN AutorIn für eins solches Buch kennen würde. Moment mal, da war doch diese Webseite, die schon mein UNIX-Buch rezensiert hatte. Hatten die da nicht auch was mit Tontechnik geschrieben...? Könnten die nicht...?
Soweit die Vorgeschichte. Mehrere Monate später liegt
das Buch auf meinem Schreibtisch, zur Rezension für
mac-and-win. Tja, was ist aus der Idee, dass GarageBand auch
ein Thema für ein Buch sein könnte, geworden? Vorweg:
Ein schönes und informatives Buch.
Um GarageBand, so einfach und intuitiv das Programm auch
sein mag, wirklich ausreizen zu können, braucht man
Fachwissen jenseits der Informatik. Ansonsten kann man sich
auch, wie schon in den seeligen Zeiten des Commodore AMIGA,
mit einem Programm wie Sonix einige Noten, Tracks und Loops
zusammen klicken. Das klang damals und klingt auch heute
halt irgendwie aber selten gut. Die Technik und die Möglichkeiten
sind seit den Zeiten von Sonix so enorm fortgeschritten,
dass in GarageBand viele Funktionen und Techniken, die sonst
eher in Profi-Software zu finden waren, Eingang gefunden
haben. Was auf der einen Seite höchst erfreulich ist,
da es nun auch für den Heimanwender erschwinglich wird,
ist auf der anderen Seite auch die Crux der Sache: Begriffe
wie Noise-Gate, Haas-Effekt und Druckgradientenempfänger
sorgen für Verwirrung. Kennt man sich noch nicht mit
der Thematik aus, so ist Frust für den normalen Anwender
und Hobby-Musikanten vorprogrammiert. Deshalb beginnt diese
Rezension hinten im Buch mit dem Glossar. Dieses ist mit
rund sechzehn Seiten sehr umfangreich geraten und bietet
eine sorgfältig ausgewählte Übersicht der
verwendeten Fachtermini. Die Erläuterungen sind kurz,
prägnant und helfen dem Leser auf die Sprünge,
was dieser oder jener Begriff für eine Bedeutung hatte.
Blättern wir weiter, also weiter zurück. Das 14. Kapitel ist für
ein im weiteren Sinne Computer-Buch sehr ungewöhnlich: »Über
Kreativität« lautet die Überschrift und hat so gar nichts mit
Bits und Bytes zu tun. Auf drei Seiten werden zum Ausklang Ratschläge
und Anregungen gegeben, wie sich die eigene Kreativität, sie wird auf
S. 302 als „existenzielles Bedürfnis aller Menschen“ bezeichnet,
erhalten und trainieren lässt. Ein schöner Ausklang. Aber was ging
diesem Nachwort voran?
Im Gegensatz zu anderen Programmen aus dem iLife-Paket ist GarageBand recht
kompliziert. Lassen sich die Funktionen von iTunes und iPhoto mit einer Mischung
aus gesundem Menschenverstand und Neugier recht fix erfassen, so fällt
der Einstieg in GarageBand nicht so leicht. Das erste Kapitel widmet sich
der Installation und Einrichtung des Programms. Angenehm fällt auf,
dass dieses Kapitel, welches sonst eher zu den Pflichtübungen verkommt,
nicht in ein langweiliges »Klickst-Du-hier, Klickst-Du-da«-Spielchen
verkommt, sondern flüssig zu lesen ist. Mit den Essentials des Programms
ist man ausreichend vertraut. Wie weiter? Ausprobieren! Ein eigener Song
muss her. Dieser wird denn auch prompt im zweiten Kapitel auf über vierzig
Seiten nach und nach erstellt. Der Leser wird behutsam an die Hand genommen
und Schritt für Schritt fügen sich die ersten Loops immer mehr
zu einem am Ende des Kapitels überraschend komplexen Klanggefüge
zusammen. Positiv fallen hier die Kästen am Seitenrand auf: Sie geben
hilfreiche Tipps und Hinweise, die keinen Eingang in den Haupttext gefunden
haben. Die nächsten sieben Kapitel vertiefen die im ersten Beispiel
angesprochenen Themen und gehen über die eigentliche Software weit hinaus.
Nicht nur zur Einbindung eigener Instrumente in GarageBand finden sich fundierte Erläuterungen, auch die physikalischen und musiktheoretischen Hintergründe (z.B. Schallwellen) werden anschaulich erklärt. Dies wird gekonnt in den Text eingewoben, so dass der Leser nicht mit trockener Theorie konfrontiert wird. Zu einem vergnüglichen Leseerlebnis tragen die immer wieder geschickt eingestreuten Reminiszenzen an die Musikgeschichte bei. Das zehnte Kapitel geht mit dem Thema »Hardware für die Musik am Mac« weit über das ursprüngliche Thema hinaus und stellt auch den Anschluß eines MIDI-Keyboards an den Mac dar und gibt Hinweise zur Auswahl eines geeigneten Mikrofons. Das Kapitel ist kein Seitenfüller, sondern wurde wohl mit Bedacht gewählt: Der Mac als Zentrale im Digital Lifestyle kann mehr sein, als die Verbindung zum iTunes Music Store zur Versorgung eines iPods. Kapitel zum Troubleshooting und der Weitergabe der Eigen-Kreationen runden das Buch ab.
Fazit
Das Buch behandelt auch GarageBand. Bei einem anderen Thema wäre dieses
Fazit eigentlich der Genickbruch, hier hingegen ist es Lob. Anstatt sich sklavisch
durch die Menüs und Fenster zu hangeln, haben Anja Senkpiel und Robert
Schreml ein Buch über das Musizieren mit GarageBand (In dieser Reihenfolge!)
geschrieben. Ein zweiter Chris Hülsbeck wird man durch die Lektüre
aber vielleicht nicht. Oder doch?
Das GarageBand-Buch 352 Seiten - Galileo
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